Wir sagen Danke: Der MLL - Jahresrückblick 2022

Auch wenn die Corona-Pandemie nicht mehr täglich die erste Schlagzeile ist, so ist in unserer Praxis, dem MLL MVZ, und im MLL Münchner Leukämielabor die Erkrankung weiterhin von Bedeutung. Das gilt natürlich besonders bezüglich des Schutzes der uns anvertrauten PatientInnen in den täglichen Sprechstunden, es gilt aber auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie in vielen Praxen und Betrieben gilt es, die Funktionsfähigkeit (im Labor sieben Tage/Woche) zu gewährleisten. Wir bemühen uns deshalb, mit allen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Interesse der uns anvertrauten PatientInnen und unseren EinsenderInnen bei steigenden Anfragen auch dieses Jahr wieder, unseren Service zu verbessern.

In diesem Zusammenhang ist gerade das Jahr 2022 von besonderer Bedeutung: Die neu erschienenen Richtlinien zur Diagnostik, Klassifikation, Prognoseeinschätzung und Prognosevoraussage verändern an vielen Stellen den Laborablauf, zum Teil auch die Befundungszeiten (Turnaround time, TAT). Die neuen Klassifikationen nach WHO und nach ICC sind dabei ebenso von zentraler Bedeutung wie die neu erschienene Publikation des ELN zur Diagnostik und Therapie der AML und der IPSS-M zur Prognoseeinschätzung bei MDS inklusive molokulargenetischer Marker. Diese Publikationen und Online-Versionen (WHO) ergänzen die schon im letzten Jahr erschienenen ELN AML Guidelines für die messbare Resterkrankung (MRD).

All diese Veröffentlichungen müssen zum einen berücksichtigt, zum anderen aber auch harmonisiert werden. Erst dann werden sie in die tägliche Routine unserer Befunde implementiert. So werden wir z. B. unsere Befunde im Januar 2023 auf die neue WHO 2022 Terminologie umstellen.

Dies macht die Diagnostik für jeden Erbringer auf der Laborseite aber eben auch für die Ärztinnen und Ärzte und letztlich unseren PatientInnen komplexer. Viele neue, darauf aufbauende therapeutische und prognostische Informationen sind zu berücksichtigen. Das alles trägt aber dem Fortschritt der Wissenschaft Rechnung und ist gerade in den Zeiten der Präzisionsmedizin unabdingbar.

Neben der Einführung neuer, speziell molekulargenetisch definierter Entitäten und Prognose-Scores spielt dabei in der Diagnostik die Hierarchie der jeweiligen Diagnosestellung eine wichtige Rolle: Wir bewegen uns mit den neuen Klassifikationen und Guidelines einen großen Schritt hin zur Genotyp-basierten und schrittweise weg von der Phänotyp-basierten Diagnose (bisher waren dies speziell Zytomorphologie, Histologie und Immunphänotypisierung bzw. Immunhistologie).

Heute kommt dann zu den Chromosomenveränderungen eine Vielzahl von molekulargenetischen Veränderungen, wie Fusionsgene und Varianten/Mutationen hinzu. Auch Genexpressionsmuster gilt es zu berücksichtigen. Ohne Next-Generation-Sequencing (NGS), z. B. in Form der Panelsequenzierung, bei der viele Gene in einem einzigen Ansatz patientenspezifisch untersucht werden, wäre die Abbildung dieser neuen Richtlinien in der Routinediagnostik gar nicht möglich.

Man kann sich aus dem Gesagten vorstellen, wie komplex jetzt die Analyse und die Befundung werden. Gleichzeitig müssen der „Anwender“, nämlich unsere einsendenden Ärztinnen und Ärzte und unsere gemeinsamen Patientinnen und Patienten, die Befunde nicht nur verstehen sondern auch die bestmögliche Diagnose und insbesondere Therapie erhalten.

Deswegen arbeiten wir kontinuierlich an der Vereinfachung der Anforderungen über  die Anforderungsbögen, ob nun noch auf Papier, als PDF-Datei oder auch über unsere digitale Anforderungsplattform „Order Entry“. Durch die neue Schnellanforderungsoption in unserem Order-Entry-Portal konnte zum Beispiel die notwendige Klickzahl pro Anforderung um 2/3 reduziert werden: von 20 auf 6.

Weiterhin, auch zur Vereinfachung für alle, orientieren wir uns strikt an den neuen Guidelines und ermöglichen eine einfache „Anforderung nach Guideline“.

Des Weiteren sind die Diagnosen CHIP und CCUS nach WHO und CCUS nach ICC in das Portfolio der Erkrankungen aufgenommen worden: Als Vorläufererkrankungen von MDS im Sinne des Kontinuums. Auch dieses ist im Laborablauf und bei der Befundung zu berücksichtigen. Um das Ganze für die spätere Verwendbarkeit zu erleichtern, haben wir unseren „integrated report“ ergänzt, erweitert und die neuen Guidelines hinterlegt: Dieser wird aktuell für die Primärdiagnosen AML und MDS sowie in sehr absehbarer Zeit auch für multiples Myelom und CLL zur Verfügung gestellt.

Für schwierige Fälle ermöglichen wir Cutting-edge-Technologien wie die Ganzgenom Sequenzierung und die Ganztranskriptom Sequenzierung (WGS und WTS). Die von uns gestartete Studie „Der spannende Fall“ (ClinicalTrials.gov Identifier: NCT05046444) hat bereits über 40 Fälle rekrutiert, die neben der heutigen optimalen Goldstandard-Diagnostik auch WGS und WTS als Paralleldiagnostik verwenden. In einem Drittel der Fälle konnten wir bei sonst indifferenten Ergebnissen aus der Goldstandard-Diagnostik mit Hilfe der neuen Sequenzierungsmethoden eine eindeutige Diagnose stellen, was deren Stellenwert unterstreicht.

Seit drei Jahren treiben wir Projekte voran, unsere Diagnostik durch künstliche Intelligenz (KI) zu unterstützen. In der Zytogenetik ist dies schon seit mehr als zwei Jahren Teil der Routine. Für die Bereiche Molekulargenetik, speziell auch Genomsequenzierung, aber insbesondere auch für die tägliche Routine der Zytomorphologie des peripheren Blutes und Knochenmarks und für die Immunphänotypisierung, werden wir die KI-Algorithmen in 2023 in unsere Routinediagnostik einführen können. Die dabei erhobenen Ergebnisse werden jeweils den befundenden Kolleginnen und Kollegen im MLL vorgelegt, kontrolliert und gehen in den finalen Befund ein.

Im Oktober 2022 hat die Gesamtzahl der Einsendungen seit Gründung des MLL die Eine-Million-Marke überschritten. Ein besonderes Erlebnis für uns!

Gleichzeitig steigern wir unseren wissenschaftlichen Output, durch eigene Publikationen und durch die Mitarbeit in weltweiten Forschungsverbünden. Das trifft z. B. für die EU-weit geförderten Verbünde HARMONY, GenoMed4All und Intercept-MDS zu. Viele Kooperationen sind mit führenden Forschungslaboren an den Universitäten weltweit aktiv. Wir sehen es dabei als einen wichtigen Auftrag an, unsere Daten und unsere Kenntnisse zwischen Zytomorphologie und Genomsequenzierung nicht nur jedem einzelnen Patienten optimal und schnell zur Verfügung zu stellen, sondern diese auch in kumulativen Publikationen anderen Forschenden,  wissenschaftlich Interessierten und den klinisch tätigen KollegInnen anzubieten.

Genauere Aufstellungen der Publikationen des MLL von 2022 finden Sie auf unserer Website. Weiterhin haben wir, Prof. Dr. med. Claudia Haferlach und Prof. Dr. med. Dr. phil. Torsten Haferlach, seit diesem Jahr auch die Möglichkeit, als Autorin bzw. als Autor an der neuen WHO Klassifikation mitzuarbeiten und dort das kumulative Wissen des MLL einzubringen.

Wir bedanken uns erneut, und dies schon seit über 17 Jahren, bei allen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die hervorragende Arbeit auch in diesem Jahr. Ohne sie geht nichts!

Unseren EinsenderInnen danken wir für Ihr Vertrauen in uns und unsere Diagnostik. All unseren Partnerinnen und Partnern, die mit uns an der Entwicklung unserer Laborworkflows arbeiten, im Rahmen von Studien zur Einführung neuer Medikamente und auch natürlich allen uns versorgenden Zulieferern speziell auch in Zeiten von Lieferengpässen , sind wir zu großem Dank verpflichtet.

Wir verfolgen unverändert und mehr denn je unser gemeinsames Ziel, von den Ergebnissen unserer Diagnostik ausgehend, Leben zu verlängern und Heilungsraten zu erhöhen.

Wir wünschen Ihnen allen eine ruhige Weihnachtszeit und insbesondere eine positive und gute Entwicklung für das kommende Jahr 2023.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. med. Claudia Haferlach

Prof. Dr. med. Dr. phil. Torsten Haferlach

Prof. Dr. med. Wolfgang Kern

»Sie haben Fragen zum Artikel oder wünschen weitere Informationen? Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail.«

Prof. Dr. med. Claudia Haferlach

Geschäftsführung
Ärztin
Leitung des Ressorts Diagnostik

T: +49 89 99017-400

»Sie haben Fragen zum Artikel oder wünschen weitere Informationen? Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail.«

Prof. Dr. med. Dr. phil. Torsten Haferlach

Geschäftsführung
Internist, Hämatologe und Onkologe
Stellvertretende Bereichsleitung Zytomorphologie

T: +49 89 99017-100

»Sie haben Fragen zum Artikel oder wünschen weitere Informationen? Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail.«

Prof. Dr. med. Wolfgang Kern

Geschäftsführung
Internist, Hämatologe und Onkologe
Stellvertretende Bereichsleitung Immunphänotypisierung

T: +49 89 99017-200