Maligne hämatologische Erkrankungen bei Vorliegen einer Fanconi-Anämie (FA)

  • Methode:
  • Antikoagulans:
  • Empfehlung:
  • Methode:
    Zytomorphologie
  • Antikoagulans:
    EDTA
  • Empfehlung:
    obligat
  • Methode:
    Immunphänotypisierung
  • Antikoagulans:
    EDTA oder Heparin
  • Empfehlung:
    obligat*
  • Methode:
    Chromosomenanalyse
  • Antikoagulans:
    Heparin
  • Empfehlung:
    obligat
  • Methode:
    FISH
  • Antikoagulans:
    EDTA oder Heparin
  • Empfehlung:
    fakultativ
  • Methode:
    Molekulargenetik
  • Antikoagulans:
    EDTA
  • Empfehlung:
    fakultativ


*AML bei FA: obligat, MDS bei FA: fakultativ

Auf Basis der aktuellen Leitlinien und des aktuellen Forschungsstandes ergeben sich verschiedene diagnostische Empfehlungen für Patienten mit malignen hämatologischen Erkrankungen bei Vorliegen einer Fanconi Anämie. Wir haben Ihnen die wichtigsten Infos zur Klassifikation und den diagnostischen Methoden am MLL zusammengefasst. Zudem haben wir weiterführende Links zur Prognose und Therapie bei FA zusammengestellt, damit Sie sich tiefergehend informieren können.

Fanconi Anämie: Hintergrund

Pathogenese und klinisches Erscheinungsbild der Fanconi-Anämie

Die Fanconi Anämie (FA) beruht auf Keimbahnmutationen in Genen der FA/BRCA DNA-Reparatur und stellt die häufigste genetische Ursache für eine Knochenmarkinsuffizienz dar. FA-Patienten entwickeln typischerweise bereits im ersten Lebensjahrzehnt eine Panzytopenie, welche meist mit einer Thrombozytopenie und einer Leukopenie beginnt. Die Tatsache, dass alle hämatopoetischen Linien betroffen sind, lässt auf eine Dysfunktion der hämatopoetischen Stammzellen (HSZ) schließen. Diese Theorie wird unterstützt durch den geringen Anteil CD34-positiver Zellen im Knochenmark junger FA-Patienten, einer Zellfraktion, die mit HSZ angereichert ist. Daher wird von einem pränatalen Defekt der HSZ bei FA-Patienten ausgegangen (Garaycoechea & Patel 2014). Bislang wurden pathogene Varianten in 23 Genen identifiziert, die eine Rolle bei der Entstehung von FA spielen (FANCA-FANCW) (Moreno et al. 2021, Bhandari et al. 2022).

Aufgrund der chromosomalen Instabilität ist das Krebsrisiko bei FA-Patienten allgemein erhöht. Die kumulative Inzidenz eines Knochenmarksversagens liegt im Alter von 40 Jahren bei etwa 50-90%. Am häufigsten entwickeln FA-Patienten myelodysplastische Syndrome (MDS) oder akute myeloische Leukämien (AML); oftmals bereits im frühen Kindesalter mit kumulativem Erkrankungsrisiko im weiteren Verlauf (30% für MDS und 10% für AML im Alter von 40 Jahren) (Feurstein et al. 2016, Bhandari et al. 2022). Daher ist eine engmaschige Überwachung der Hämatopoese notwendig. Hierzu wird bei FA-Diagnosestellung und im weiteren Verlauf eine Knochenmarkanalyse empfohlen. Diese sollte eine Knochenmarkaspiration, (-biopsie) und eine zytogenetische Untersuchung umfassen (Peffault de Latour & Soulier 2016, Frohnmayer et al. 2020).


Diagnostik der Fanconi-Anämie

Die Analysen zur Sicherung der Diagnose einer Fanconi-Anämie werden in Deutschland unter anderem am Institut für Humangenetik der Universität Würzburg sowie an der Universität Düsseldorf durchgeführt.

Die Diagnose der FA wird klassischerweise mittels Chromosomenbruchtest gestellt. FA-Zellen zeigen eine erhöhte Anzahl an Chromosomenbrüchen gegenüber Wildtyp-Zellen. Ein weiterer diagnostischer Test ist die Zellzyklusanalyse nach Mitomycin C (MMC)-Behandlung mittels Durchflusszytometrie (FACS), wobei FA-Zellen eine Akkumulation im G2-Arrest im Vergleich zu Wildtyp-Zellen zeigen (Auerbach 2009).
Die FA-Diagnostik wird heutzutage wesentlich unterstützt durch Sequenzanalysen der Gene, die die 23 bekannten genetischen Subtypen der FA ausmachen (Longerich et al. 2014, Dong et al. 2015, Bluteau et al. 2016, Dufour 2017, Knies et al. 2017, Moreno et al. 2021). Der jeweilige FA-Genotyp ist klinisch relevant, da z.B. die genetischen Subtypen FANCD1 (BRCA2-Mutation) und FANCN (PALB2-Mutation) mit einer schweren phänotypischen Ausprägung der FA einhergehen und mit einer frühen Entwicklung von Leukämien (Median 2,2 Jahre) und pädiatrischen Krebserkrankungen verbunden sind (Gille et al. 2012).

Eine Besonderheit, die bei FA-Patienten auftreten kann, ist die somatische Reversion in einem Teil der Blut- und Knochenmarkszellen (Mosaik), wobei der FA-Gendefekt korrigiert wird, was dieser Zellpopulation einen enormen Wachstumsvorteil verschafft. In diesen Fällen ist ein Chromosomenbruchtest in Fibroblasten der Haut nötig, um die Diagnose zu sichern (Auerbach 2009, Frohnmayer et al. 2020).

Maligne hämatologische Erkrankungen bei Vorliegen einer Fanconi Anämie: Diagnostik

Fanconi Anämie: Prognose und Staging

Chromosomale Aberrationen bei Patienten mit Fanconi Anämie, insbesondere +3q, -7/7q- und RUNX1-Aberrationen, sind meist mit MDS/AML assoziiert und deuten auf eine ungünstige Prognose hin. Auch komplexe Karyotypen sind mit einer ungünstigen Prognose assoziiert. +1q hingegen stellt ein frühes Ereignis dar und ist in allen Stadien der Fanconi Anämie zu finden und kann daher nicht mit einer malignen Transformation assoziiert werden. Andere Aberrationen wie 5q-, 11q- oder 20q- sind ebenso wie bei nicht-FA-assoziierten MDS-Fällen, jedoch seltener, zu finden und werden nicht als Hinweis für eine ungünstige Prognose betrachtet. Werden solche nicht-Prognose-relevanten chromosomalen Aberrationen ohne oder mit leichter Zytopenie festgestellt, wird eine engmaschige Verlaufskontrolle des Blutbildes und Knochenmarks (Morphologie und Zytogenetik) empfohlen.

Sobald im Knochenmark-Staging eine Hochrisiko-Konstellation vorliegt, ist eine HSZT indiziert. Aufgrund der hohen Toxizität DNA-schädigender Agenzien für FA-Patienten wird standardmäßig vor der Stammzelltransplantation eine Intensitäts-reduzierte Konditionierung (RIC) angewendet.

Aufgrund des hohen Risikos für sekundäre Malignome sowie für eine chronische Graft-versus-Host Disease (GvHD) wird eine Langzeitüberwachung mit regelmäßigen Untersuchungen bei FA-Patienten dringend empfohlen (Peffault de Latour & Soulier 2016).

Fanconi Anämie: Weiterführende Literatur

Deutsche Fanconi-Anämie-Hilfe e.V. Fanconi Anämie: Ein Handbuch für Eltern, Patienten und ihre Ärzte; auf dem Original von Lynn und Dave Frohnmayer basierende und ergänzte deutsche Überarbeitung. 2005. ISBN 3-00-015621-6.
Download unter: https://fanconi.de/informationen-zur-fa/

Frohnmayer D et al. Fanconi Anemia Clinical Care Guidelines. Fifth Edition.  Fanconi Anemia Research Fund, Inc 2020.
Download unter: https://www.fanconi.org/explore/clinical-care-guidelines

Fanconi Anämie Gen-Datenbank: https://www2.rockefeller.edu/fanconi/

Stand: Dezember 2023

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