Gesundheitsversorgung in Zeiten des Krieges:
Hilfe für ukrainische Hämatologie-Patienten

[Pressemitteilung]

Das MLL Münchner Leukämielabor unterstützt das Netzwerk „Help for Ukrainian Hematology Patients (HUP)“, eine globale Initiative zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der hämatologischen Versorgung in der Ukraine. Ziele sind der Aufbau von Hämatologie-Zentren und die Etablierung von Programmen zur Transplantation hämatopoetischer Zellen in Zeiten des Krieges. Blut- oder Knochenmarksproben aus der Ukraine werden im Rahmen des Projekts wöchentlich an das MLL geschickt, Ergebnisse erhalten die dortigen Einsender und Krankenhäuser innerhalb weniger Tage kostenlos. Über 580 Proben aus der Ukraine konnten am MLL bereits bearbeitet und 2300 verschiedene hämatologische Tests durchgeführt werden.

München, 18.01.2024 – „In der Ukraine gab es Anfang der 2020er kaum intensive Krebstherapien wie die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation oder entsprechende pädiatrische Programme. Immerhin sechs Behandlungszentren führten Methoden der autologen Hämotherapie durch, und einige Krankenhäuser sind Mitglied des European LeukemiaNet ELN“, erläutert MLL-Geschäftsführer Prof. Dr. med. Dr. phil. Torsten Haferlach. „Jedoch wurden noch 2021 die meisten ukrainischen Patienten mit hämatologischen Erkrankungen außerhalb des Landes oder gar nicht behandelt. In diesem Kontext wurden das ELN und das Worldwide Network of Blood & Marrow Transplantation gebeten, beim Aufbau von Programmen zur allogenen Stammzelltransplantation bei Erwachsenen im Lande zu helfen.“

Krankenhausbesichtigungen und die Etablierung eines telemedizinischen Programms konnten seitdem unter stetiger Leitung von Prof. Dr. med. Dietger Niederwieser (Leipzig) durchgeführt werden, bevor im Februar 2022 der Einmarsch der Russischen Föderation in die Ukraine erfolgte. In dessen Folge wurde mit Blick auf die immensen Beeinträchtigungen auch der ukrainischen Gesundheitsversorgung das Netzwerk „Help for Ukrainian Hematology Patients (HUP)“ gegründet, um eine nachhaltige Versorgung für Hämatologie-Patienten in der Ukraine aufzubauen und u.a. durch wöchentliche Videokonferenzen die wichtigsten Hindernisse für die Hämatotherapie zu adressieren. Beteiligt waren die wichtigsten internationalen Hämatologie- und Transplantationsorganisationen (ASH, ASCO, EHA, DGHO, ECO bzw. WBMT, EBMT, ASTCT) sowie Ärzte aus mehreren ukrainischen Einrichtungen, zudem das örtliche Gesundheitsministerium und die Weltgesundheitsorganisation (WHO). In Folge unterstützen Partnerstädte, verschiedene Regierungen und die EU-Kommission die Initiative.

„Das HUP-Netzwerk setzt sich ein für die Patientenversorgung im In- und Ausland, die Erfassung von fehlenden Medikamenten, Geräten und Vorräten, die Verbesserung der hämatologischen Diagnostik, die Einrichtung eines europäischen Tumor- und Transplantationsausschusses, die Pflege eines Spenderregisters sowie die Gründung einer nationalen Transplantationsgesellschaft, die Erstellung eines landesweiten Notfallplans sowie die Standardisierung von Verfahren und Prozessen“, führt Haferlach aus. „Die gelungene Zuweisung von Patienten an Transplantationszentren in der Ukraine und Europa, die Lieferung von Medikamenten und Laborausrüstung sowie das wöchentliche Tumorboard der European Society for Blood and Marrow Transplantation unter Leitung von Prof. Niederwieser sind nur einige der besonderen, unter widrigsten Umständen erreichten Meilensteine, die der unermüdliche Einsatz der zahlreichen Partner des Netzwerks ermöglicht haben. Beim MLL Münchner Leukämielabor sind wir stolz, die komplexe Leukämiediagnostik zu unterstützen und haben mittlerweile über 580 Proben und über 2300 verschiedene Analysen durchgeführt – und die Befunde auf Englisch umgehend gesendet.“ Blut- oder Knochenmarksproben aus dem ganzen Land werden dazu wöchentlich gesammelt an das MLL geschickt, um zytologisch, zytogenetisch, immunphänotypisch und molekulargenetisch untersucht zu werden. Ergebnisse werden den ukrainischen Krankenhäusern innerhalb weniger Stunden bis Tagen in allen Fällen kostenlos zur Verfügung gestellt.

„Trotz der hochproblematischen, von Krieg und medizinischer Ressourcenarmut geprägten Lage vor Ort konnte durch die solidarische Zusammenarbeit internationaler Gesellschaften, privatwirtschaftlicher Einrichtungen und der engagierten Ärzte und Funktionäre vor Ort ein beispielhaftes Versorgungssystem für hämatologische Patienten aufgebaut werden“, resümiert Haferlach. „Zudem ist der Einsatz neuer Technologien inklusive der Telemedizin entscheidend. Es wird zu erproben sein, ob diese gelungene Schablone idealerweise in weiteren Regionen mit entsprechenden Notlagen kopiert und adaptiert werden kann.“  

>> Das Projekt wurde auch als Vortrag im Rahmen des 65. Jahresmeetings der American Society of Hematology ASH in San Diego im Dezember 2023 vorgestellt:

https://ash.confex.com/ash/2023/webprogram/Paper185883.html  

01/2024 - Gesundheitsversorgung in Zeiten des Krieges: Hilfe für ukrainische Hämatologie-Patienten

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