Hämoglobinopathien (Übersicht)

  • Methode:
  • Antikoagulans:
  • Empfehlung:
  • Methode:
    Blutbild
  • Antikoagulans:
    EDTA*
  • Empfehlung:
    obligat
  • Methode:
    Hämoglobin-Differenzierung
  • Antikoagulans:
    EDTA*
  • Empfehlung:
    obligat
  • Methode:
    Eisenstatus
  • Antikoagulans:
    Serum**
  • Empfehlung:
    je nach Blutbild
  • Methode:
    Molekulargenetik
  • Antikoagulans:
    EDTA***
  • Empfehlung:
    einmalig

*3 ml EDTA-Blut (Blutbildröhrchen), **7,5 ml Serum, ***7,5 ml EDTA-Blut (extra Röhrchen)

Auf Basis der aktuellen Leitlinien und des aktuellen Forschungsstandes ergeben sich verschiedene diagnostische Empfehlungen für Patienten mit einer Hämoglobinopathie, wie Thalassämie oder Sichelzellkrankheit. Wir haben Ihnen die wichtigsten Informationen zur Klassifikation und den diagnostischen Methoden am MLL zusammengefasst. Zudem haben wir weiterführende Links zu den verschiedenen Erkrankungen zusammengestellt, damit Sie sich tiefergehend informieren können.

Hämoglobinopathien: Übersicht

Hämoglobinopathien sind durch unterschiedliche Genvarianten verursachte, erbliche Hämoglobinerkrankungen, die auf einer gestörten Synthese der Globinketten beruhen. Man unterscheidet quantitative (Thalassämien) von qualitativen (anomale Hämoglobine oder Hämoglobinstrukturvarianten) Hämoglobinopathien.

Hämoglobinopathien: Indikationen zur Abklärung

Leitsymptom einer Thalassämie und der thalassämisch verlaufenden anomalen Hämoglobine ist die mikrozytäre, hypochrome Anämie.

Beim Krankheitsbild der Sichelzellkrankheit (ehemals Sichelzellanämie) stehen Symptome aufgrund von vasookklusiven Ereignissen im Vordergrund. Klinisch besteht oft auch eine chronische hämolytische Anämie, die diese Patienten lebenslang begleitet. Es zeigen jedoch nicht alle Betroffenen eine Anämie, weshalb der Begriff Sichelzellanämie durch Sichelzellkrankheit ersetzt worden ist.

Ansonsten ist die Klinik der anomalen Hämoglobine nicht einheitlich und von der zugrundeliegenden Variante und dem sich daraus resultierenden Typ des anomalen Hämoglobins abhängig.

Folgende Indikationen zur Abklärung einer Hämoglobinopathie bestehen:

  • Hypochromie und/oder Anämie bei vorherigem Ausschluss eines Eisenmangels
  • Chronische hämolytische Anämie
  • Gefäßverschlüsse ungeklärter Ätiologie
  • Rezidivierende Schmerzkrisen
  • Unerklärte schwere Infektionen
  • Hydrops fetalis-Syndrom
  • Positive Familienanamnese

Hämoglobinopathien: Diagnostik

Die Diagnostik der Hämoglobinopathien beruht auf einem Zusammenspiel verschiedener biochemischer und molekulargenetischer Methoden und wird in der Regel als Stufendiagnostik durchgeführt. Die erste Stufe stellt das rote Blutbild und die Hämoglobindifferenzierung dar. V.a. bei Hypochromien sollte auch immer ein Eisenstatus erhoben werden, um einen zugrundeliegenden Eisenmangel auszuschließen. In einer zweiten Stufe werden zur Charakterisierung eines auffälligen Befundes molekulargenetische Untersuchungen herangezogen, um die molekulargenetische Ursache des Krankheitsbildes und der Veränderungen im Blutbild und in der Hämoglobindifferenzierung zu verifizieren. Weiterhin kann mit dem molekulargenetischen Befund das Risiko für Nachkommen abgeschätzt werden, an einer schweren homozygoten Form einer Hämoglobinopathie zu erkranken.

Hämoglobinopathien: Hintergrund

Hämoglobin ist physiologisch aus je zwei identischen Globinketten aufgebaut, an die je ein Häm-Molekül gebunden ist.

Die vorherrschenden Arten von Hämoglobin bei Erwachsenen sind:

Hämoglobintyp

Globinketten

Anteil am gesamten Hämoglobin

HbA

α2β2

96,7 - 97,8 %

HbA2

α2δ2

2,2 - 3,2 %

HbF

α2γ2

< 0,5 %

Der α-Globingen-Komplex auf Chromosom 16 beinhaltet u.a. die zwei α-Globingene HBA1 und HBA2, welche für die α-Globinketten kodieren. Der β-Globingen-Komplex befindet sich auf Chromosom 11 und beinhaltet u.a. das β- (HBB), zwei γ- (HBG1 und HBG2) und das δ-Globingen (HBD). Diese Gene kodieren für die entsprechenden β-, γ- oder δ-Globinketten, die mit zwei α-Globinketten die unterschiedlichen Arten von Hämoglobin bilden. Physiologischerweise gibt es jedes dieser Gene zweimal – je einmal auf dem maternalen und einmal auf dem paternalen Chromosom. 

Stand: Februar 2023