Chronische myeloische
Leukämie (CML)
Durch den Einsatz von Tyrosinkinase-Inhibitoren ist die Lebenserwartung von Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie fast vergleichbar mit einer gesunden Vergleichspopulation. Hier erfahren Sie mehr zur Klassifikation, Diagnostik und Prognose der CML. Über weiterführende Links können Sie sich zudem über den ELTS-Score und die Therapie der chronischen myeloischen Leukämie tiefergehend informieren.
- Methode:
- Antikoagulans:
- Empfehlung:
- Methode:Zytomorphologie
- Antikoagulans:EDTA
- Empfehlung:obligat
- Methode:Immunphänotypisierung
- Antikoagulans:EDTA oder Heparin
- Empfehlung:obligat*
- Methode:Chromosomenanalyse
- Antikoagulans:Heparin
- Empfehlung:obligat
- Methode:FISH
- Antikoagulans:EDTA oder Heparin
- Empfehlung:fakultativ
- Methode:Molekulargenetik
- Antikoagulans:EDTA
- Empfehlung:obligat
*bei (Verdacht auf) Blastenkrise
CML: Klassifikation
Die chronische myeloische Leukämie (CML) zählt laut WHO-Klassifikation zu den myeloproliferativen Neoplasien und ist charakterisiert durch das Vorliegen eines BCR::ABL1-Rearrangements. Unbehandelt verläuft die Erkrankung bi- oder triphasisch. Nach WHO 2022 werden die chronische Phase (CP-CML) und die Blastenphase („Blastenkrise“; BP-CML) als wesentliche Krankheitsphasen differenziert (WHO 2022).
CML: Diagnostische Methoden und ihre Bedeutung
CML: Prognose
Zusätzliche zytogenetische Aberrationen sind zum Teil mit einer ungünstigeren Prognose assoziiert
Bei bis zu 10% der Patienten werden bei Erstdiagnose neben der Philadelphia-Translokation zusätzliche zytogenetische Aberrationen beobachtet (s. o.). Der Anteil an Patienten mit Zusatzaberrationen nimmt im Verlauf der Erkrankung zu und beträgt ca. 60-80% in der Blastenkrise (Anastasi et al. 1995, Johansson et al. 2002, Chen et al. 2017, Hehlmann et al. 2020, Hehlmann et al. 2022). Solche zusätzlichen chromosomalen Veränderungen sind ein Zeichen für die Progression der Erkrankung. Neben Punktmutationen in der ABL1-Kinasedomäne stellen sie darüber hinaus auch eine mögliche Ursache für eine TKI-Resistenz dar.
„High-risk“ Zusatzaberrationen sind prädiktiv für ein verringertes Therapieansprechen sowie für ein erhöhtes Progressionsrisiko. Entsprechend relevant sind sie für die Therapieplanung. Zu den high-risk Zusatzaberrationen zählen die Trisomien 8, 17, 19 und 21, ein zusätzliches Philadelphia-Chromosom, das Isochromosom 17q, die Monosomie 7 bzw. die Deletion(7q), 11q23-Aberrationen, 3q26.2-Veränderungen sowie ein komplexer Karyotyp (Clark et al. 2021, Apperley et al. 2025).
Qualität des Ansprechens ist prädiktiv für den weiteren Verlauf
Laut ELN-Kriterien sollten Patienten nach 3 Monaten ein molekulares Ansprechen von BCR::ABL1 ≤10% erreicht haben (günstiges Ansprechen). Ist dies nicht der Fall, kann eine TKI-Resistenz durch eine oder mehrere BCR::ABL1-Mutationen zugrunde liegen und in Abhängigkeit des Mutationsstatus einen Wechsel des TKI erforderlich machen. Allerdings sollte ein TKI-Wechsel nicht allein auf Basis eines einzelnen BCR::ABL1-Wertes von ≤10% erfolgen. Patienten, die ein bestimmtes Therapieziel zunächst verfehlen, können bei aufeinanderfolgenden Messungen mit kontinuierlich sinkenden BCR::ABL1-Werten dennoch ein verzögertes, aber günstiges Ansprechen zeigen („Late-Responders“). Zudem sollten die Kinetik der RT-qPCR-Reaktionen, Komorbiditäten, etwaige Dosisanpassungen und/oder mangelnde/unzureichende Compliance berücksichtigt werden (Apperley et al. 2025). Ein frühes molekulares Ansprechen auf eine Erstlinien-Therapie mit TKI-Inhibitoren (TKI) ist ein effektiver Indikator für ein langfristiges progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben (Shah et al. 2024).
Das Erreichen eines guten molekularen Ansprechens (MMR, BCR::ABL1 ≤ 0,1%) ist prädiktiv für eine CML-spezifische Überlebensrate von nahezu 100% (Hochhaus et al. 2020). Das Erreichen einer MMR nach 12 Monaten ist mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit eines späteren Verlusts des Therapieansprechens und einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine anschließende tiefe molekulare Remission (DMR, BCR::ABL1 ≤0,01%) verbunden, was das Absetzen der TKI-Therapie erleichtern kann (Shah et al. 2024).
Durch moderne CML-Therapie nähert sich die Lebenserwartung von Patientinnen und Patienten mit chronischer Phase CML zwar der der Allgemeinbevölkerung deutlich an, bleibt aber laut aktueller Registerdaten und Studienlage weiterhin geringfügig darunter, auch in Bezug auf die qualitätsadjustierte Lebenszeit (Apperley et al. 2025, Chen et al. 2025).
Klinische Prognose-Scores
In jeder CML Therapie-Ära wurden Scores zur Risikoeinschätzung entwickelt, die auf klinischen Parametern basieren (Tabelle 2).
Tabelle 2: Vergleich verschiedener klinischer Scores zur Risikostratifizierung bei CML
|
Score |
Sokal (1984) |
Hasford (1998) |
EUTOS (2011) |
ELTS (2016) |
|
Therapie-Ära |
Busulfan/Splenektomie + intensive Chemotherapie |
Interferon alpha |
Imatinib |
Imatinib |
|
Berücksichtigte Parameter: |
|
|
|
|
|
Alter |
x |
x |
|
x |
|
Milzgröße |
x |
x |
x |
x |
|
Thrombozyten |
x |
x |
|
x |
|
Blasten im Blut |
x |
x |
|
x |
|
Basophile im Blut |
|
x |
x |
|
|
Eosinophile im Blut |
|
x |
|
|
Der 2016 beschriebene EUTOS long term survival (ELTS) Score wird von den aktuellen ELN-Leitlinien als Standard zur Risikostratifizierung empfohlen und ermöglicht eine gezielte Vorhersage des Risikos eines CML-bedingten Todes bei TKI-Therapie (Geelen et al. 2018, Apperley et al. 2025).
Ein neues Prognose-Modell ermöglicht bei CML-Patienten in der chronischen Phase eine gezielte Einschätzung des Risikos für ein Therapieversagen unter TKI. Er basiert auf sechs klinischen Faktoren und teilt Patienten in drei Risikogruppen mit klar unterschiedlichen Versagenswahrscheinlichkeiten ein (Zhang et al. 2024).
Prognoseberechnung
Hier gelangen Sie zur Prognoseberechnung des ELTS Scores.
CML: Therapie
Die deutschen Leitlinien zur CML-Therapie finden Sie auf der Seite der Onkopedia. Weitere Therapie-Richtlinien bietet das „National Comprehensive Cancer Network“ (Shah et al. 2024) sowie eine Übersicht von Jabbour et al. (Jabbour & Kantarjian 2024).
Studienübersicht der Deutschen CML-Allianz
Im verlinkten PDF-Dokument finden Sie eine Übersicht der aktuell rekrutierenden Studien für erwachsene CML-Patienten der Deutschen CML-Allianz.
CML: Empfehlung
Tabelle 3 gibt einen Überblick, welche diagnostischen Methoden zu welchem Zeitpunkt vom European LeukemiaNet empfohlen werden.
Tabelle 3:
Diagnostik bei der CML gemäß der ELN-Richtlinien (nach Apperley
et al. 2025 und Cross et al. 2023)
|
Untersuchungsmethode |
Untersuchungszeitpunkt |
|||
|
|
Diagnose |
im Verlauf |
Therapie-Versagen/Resistenz |
(Verdacht
auf) Progression |
|
Zytomorphologie |
x |
x alle 2 Wochen
bis zur kompletten hämatologischen Remission, häufiger im Fall
hämatologischer Toxizität |
- |
x Bestimmung
des Blastenanteils |
|
Immunphänotypisierung |
- |
- |
- |
Unterscheidung
zwischen myeloischen und lymphatischen Blasten |
|
Chromosomenanalyse
(Knochenmark) |
x Nachweis des
Philadelphia-Chromosoms, Nachweis/Ausschluss von Zusatzaberrationen |
- |
x Nachweis/Ausschluss
von Zusatzaberrationen |
x Nachweis/Ausschluss
von Zusatzaberrationen |
|
FISH |
x auch in
Ph-negativen Fällen |
(x) bei
atypischen BCR::ABL1 -Transkripten |
- |
- |
|
Molekulargenetik |
x qualitative
PCR zum Nachweis der BCR::ABL1-Fusion
und Bestimmung des Transkript-Typs; optional: RQ-PCR |
x RQ-PCR alle 3
Monate, in stabiler MMR ggf. alle 4-6 Monate |
x Mutationsanalyse
der ABL1-Kinasedomäne |
x Mutationsanalyse
der ABL1-Kinasedomäne |
|
WGS
/ WES / Panel-NGS |
Bei
BP empfohlen |
- |
Nach
individueller Indikation |
Bei
BP empfohlen / bei unklarer Progression |
Stand: Oktober 2025