Seltene Diagnostik: Untersuchungsmethoden abseits der Standardanforderungen

25. März 2025

Neben etablierten Standarduntersuchungen gibt es eine Reihe diagnostischer Methoden, die selten angefordert werden, aber dennoch wertvolle Erkenntnisse liefern können. Dazu gehören genetische Analysen hereditärer Erkrankungen, Tests zur Resistenzbestimmung bei zielgerichteten Therapien sowie spezialisierte immunphänotypische Verfahren. Dieser Beitrag stellt einige dieser Untersuchungsmöglichkeiten vor – mit dem Ziel, die diagnostische Bandbreite für Einsenderinnen und Einsender optimal auszuschöpfen.

Unser Ziel ist es, durch den Einsatz von state-of-the-art-Technologien und -Methoden eine umfassende und präzise Diagnostik hämatologischer Neoplasien zu gewährleisten. Dabei erweitern wir unser diagnostisches Angebot kontinuierlich über die gängigen Untersuchungen hinaus, um Einsenderinnen und Einsendern ein möglichst breites Spektrum an Diagnostikmöglichkeiten zu bieten.


Hereditäre Erkrankungen im Fokus

Zu unserem Portfolio gehören auch molekulargenetische Untersuchungen hereditärer, also erblicher, Erkrankungen. Dies umfasst insbesondere Analysen von Genen, bei denen die Mutationen konstitutionell, also in der Keimbahn, vorliegen. Trotz ihrer Seltenheit können wir die Diagnostik folgender hereditärer Erkrankungen am MLL ermöglichen:

  • Myeloische Neoplasien mit einer Keimbahn-Prädisposition ohne bekannte Vorerkrankung oder Organdysfunktion:
    o AML mit CEBPA-Mutation
    o myeloische Neoplasien mit Keimbahn DDX41-Mutation 
  • Myeloische Neoplasien mit vorbekannter Thrombozytenerkrankung und Keimbahn-Mutationen der Gene RUNX1, ANKRD26 oder ETV6
  • Sonstige myeloische Neoplasien:
    o mit einer Keimbahn-GATA2-Mutation
    o myeloische Neoplasien assoziiert mit Erkrankungen der Telomer-Biologie und Mutationen in den Genen TERT und TERC 

Zu den hereditären Erkrankungen zählen wir in unserem Portfolio außerdem die hereditäre Hämochromatose, die hereditäre Alpha-Tryptasämie sowie zyklische Neutropenien. Für familiäre Erythrozytosen bieten wir sowohl ein Basis- als auch ein erweitertes Screening an. Diese werden darüber hinaus von den erworbenen JAK2-negativen Erythrozytosen abgegrenzt, für die wir ein spezielles molekulares Panel zur Klonalitätsanalyse anbieten. 


Diagnostik von Resistenzmutationen bei zielgerichteten Therapien

Zielgerichtete Therapien („targeted therapies“) haben sich in den letzten Jahren als fester Bestandteil der Behandlung hämatologischer Neoplasien etabliert. Allerdings können im Verlauf der Therapie Resistenzen entstehen, die eine Anpassung der Behandlungsstrategie erforderlich machen. BCR::ABL1-Mutationen bei Resistenzen gegen Tyrosinkinase-Inhibitoren gehören bereits fest in unser diagnostisches Angebot. Darüber hinaus bieten wir zahlreiche weitere Untersuchungen zur Identifizierung von Resistenzmutationen an: 

  • IDH2-Mutationen bei Enasidenib-Resistenz (AML)
  • BCR::ABL1-Mutationen bei Resistenz gegen gängige Tyrosinkinase-Inhibitoren oder gegen den allosterischen ABL-Inhibitor Asciminib (CML, ALL)
  • BCL2-Mutationen bei Venetoclax-Resistenz (z.B. AML, CLL, Mantelzelllymphom, Follikuläres Lymphom)
  • BAX-Mutationen bei Venetoclax-Resistenz (AML)
  • BTK-Mutationen und PLCG-2-Mutationen bei Ibrutinib-Resistenz (CLL)

Auch die Identifizierung von Zielstrukturen, die in der Standarddiagnostik nicht nachgewiesen werden, kann für die zielgerichtete Therapie entscheidend sein. Das „Whole Transcriptome Sequencing“, WTS, nimmt hierbei eine Schlüsselrolle ein und ermöglicht eine umfassende Transkriptomanalyse. Diese Methode wird sowohl bei ALL als auch bei Hypereosinophilie zur Suche nach therapeutisch relevanten Targets eingesetzt, um personalisierte Therapieansätze zu entwickeln.



Spezialisierte Tests in der Immunphänotypisierung

Neben der Molekulargenetik bietet auch die Immunphänotypisierung verschiedene Untersuchungen an, die seltener angefordert werden:

  • Zur Diagnostik der hereditären Sphärozytose (angeborene Kugelzellenanämie) führen wir den „EMA-Test“ durch, der eine verminderte Bindung des Fluoreszenzfarbstoffs Eosin-5-Maeimid (EMA) an die defekte Erythrozytenmembran nachweist.
  • Die Durchflusszytometrie wird zur Diagnostik der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH) angewandt, um den PNH-typischen GPI-Anker-Defekt nachzuweisen.
  • Die Diagnostik der messbaren Resterkrankung (MRD) wird bei AML, ALL, CLL sowie perspektivisch auch beim Multiplen Myelom eingesetzt.

Diese spezialisierten Tests bieten eine erweiterte diagnostische Basis, um seltene Erkrankungen präzise zu erkennen und Therapieentscheidungen zu unterstützen.


Erweitertes Diagnostikangebot: Pharmakogenetik und Hämoglobinopathien

Zusätzlich zu unseren Standard-Untersuchungsaufträgen bieten wir weiterführende Diagnostik in den Bereichen Pharmakogenetik und Hämoglobinopathien an. Die entsprechenden Anforderungsbögen sind auf unserer Webseite verfügbar: 

  • Pharmakogenetik: beinhaltet die Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD)-Testung. Eine schwere 5-Fluorouracil (5-FU)-Toxizität kann durch einen genetisch bedingten DPD-Mangel hervorgerufen werden. Daher wird die DPD-Testung vor Beginn einer systemischen 5-FU-Therapie empfohlen. 
  • Hämoglobinopathien: ermöglicht die Testung auf Erkrankungen, wie Thalassämien oder Sichelzellerkrankungen


Möchten Sie die Proben Ihrer Patientinnen und Patienten auf eine dieser Erkrankungen untersuchen lassen?

Bei Rückfragen zu unserem diagnostischen Angebot stehen Ihnen unsere Expertinnen und Experten aus den diagnostischen Bereichen sowie der Customer Support gerne zur Verfügung. Alle wichtigen Informationen zu Einsendungen sowie unsere Untersuchungsaufträge und Kontaktdaten finden Sie hier: https://www.mll.com/service

Der Autor

»Sie haben Fragen zum Artikel oder wünschen weitere Informationen zu unserem diagnostischen Service? Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail.«

Dr. med. Christian Pohlkamp

Internist, Hämatologe und Onkologe

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