Schnellere Diagnose seltener Anämien: WGS-Studie am MLL gestartet
24. Juni 2025
Angeborene
Anämien sind, mit Ausnahme der Hämoglobinopathien, eine heterogene Gruppe
seltener genetischer Erkrankungen, die unter anderem durch Defekte in Struktur,
Stoffwechsel oder Transportfunktionen der Erythrozyten verursacht werden. Die
einzelnen Formen der hereditären Anämien weisen klinische und hämatologische
Überschneidungen auf, was die laborchemische Diagnostik und
differentialdiagnostische Abklärung erschwert.
In
Anbetracht der großen Anzahl krankheitsverursachender Varianten in einer
Vielzahl von Genen hat sich Next-Generation Sequencing (NGS) als eine effektive
Methode für die Diagnostik hereditärer Anämien erwiesen. Dies trifft
insbesondere auf Fälle zu, in denen die Familienanamnese ungeklärt ist oder in
denen herkömmliche Routinetests an ihre Grenzen stoßen, wodurch es regelmäßig
zu einer erheblichen Verzögerung in der Diagnosestellung kommt.
Der
unvoreingenommene Ansatz der Ganzgenomsequenzierung (whole genome sequencing, WGS)
ermöglicht die Identifizierung pathogener Varianten in Genen, die über die bei
der Diagnose ursprünglich vermuteten hinausgehen. Sie ermöglicht außerdem die
Detektion von größeren, genetischen Deletionen oder Duplikationen, die bei
traditionellen Sequenziermethoden unentdeckt bleiben können. Aus diesem Grund
führen wir am MLL nun die Studie „WGS bei hereditären Anämien“ durch.
Ziel
der Studie ist es, Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine angeborene
Anämie mithilfe von WGS schneller zu einer Diagnose und gegebenenfalls Therapie
zu verhelfen.
Einschlusskriterien und typische klinische und laborchemische Befunde:
Folgende klinische und
laborchemische Befunde der Patientinnen und Patienten, sowie Angaben aus deren Anamnese
können ein Hinweis auf eine seltene angeborene Anämie sein:
•
Seit längerem vorliegende Anämie (häufig bereits seit
mehreren Jahren bekannt)
•
Splenomegalie, Ikterus, Cholezystolithiasis
•
Hämolyse (Haptoglobin ¯, LDH , Bilirubin , Retikulozytenzahl )
•
Hämoglobinopathie ausgeschlossen (mittels Hämoglobin-Differenzierung
und Molekulargenetik)
•
Durchflusszytometrie:
Sphärozytose (EMA-Test) und paroxysmale
nächtliche Hämoglobinurie (PNH-Test) ausgeschlossen
•
Direkter Coombs-Test negativ (soweit möglich
Ausschluss einer erworbenen Anämie)
•
Positive
Familienanamnese
•
V.a.
hereditäre (hämolytische) Anämie bei Patientinnen und Patienten jeden Alters
Rekrutierung und Durchführung
Wenn Sie
eine Patientin oder einen Patienten für diese Studie ausgewählt haben, melden
Sie sie oder ihn bitte an Herr Dr. Dr. med. Armin Piehler (armin.piehler@mll.com; Tel.: 089 99017-357), um gemeinsam
entscheiden zu können, ob WGS in dieser Konstellation hilfreich sein könnte.
Einen
Anmeldebogen und die notwendigen Einverständniserklärungen (DSGVO und ISO
konform) finden Sie auf der Webseite der Studie: www.genomnet.de/wgs-bei-hereditaeren-anaemien.
Die
Anamnese und der weitere Krankheitsverlauf der eingebrachten Patientinnen und
Patienten werden dokumentiert, um eine klinische Auswertung zu ermöglichen.
Nach
Studieneinschluss wird aus peripherem Blut DNA isoliert und eine WGS-Analyse durchgeführt.
Die Sequenz wird dann mithilfe modernster bioinformatischer Methoden
ausgewertet. Je nach vorausgegangener Diagnostik können auch weitere Untersuchungen
erfolgen (u.a. Blutbild, Hämoglobinopathie-Diagnostik, Durchflusszytometrie). Die
Kosten für die WGS-Analyse übernimmt das Genomnetzwerk Hämatologie.
Genomnet - Genomnetzwerk Hämatologie
Das
Genomnetzwerk Hämatologie ist der Zusammenschluss von Expertinnen und Experten,
die es sich zum Ziel gesetzt haben, mit neuesten Methoden der
Genomsequenzierung die bestmögliche Diagnostik und sich daraus ergebende Therapieoptionen,
für Patientinnen und Patienten mit hämatologischen Erkrankungen zu ermöglichen.
Die erlangten Ergebnisse sollen öffentlich dokumentiert und in die medizinische
Versorgung integriert werden. Mehr Information finden Sie unter www.genomnet.de

Der Autor

»Sie haben Fragen zur Studie, zur Rekrutierung oder Durchführung? Schreiben Sie mir gerne eine Mail.«
Dr. Dr. med. Armin Piehler, PhD MM