Stand: Oktober 2018
Der Morbus Waldenström (auch Waldenströms Makroglobulinämie) ist eine seltene chronische lymphoproliferative Erkrankung, die meist indolent verläuft. Nur 10-15% der Patienten zeigen eine schnellere Progression der Erkrankung. Die Inzidenz beträgt 3:1.000.000. Männer erkranken etwa doppelt so häufig wie Frauen, wobei insbesondere ältere Menschen (>65 Jahre) betroffen sind.
Klassifikation
Nach der WHO-Klassifikation von 2017 wird der Morbus Waldenström den reifen B-Zellneoplasien und hier den lymphoplasmozytischen Lymphomen (LPL) zugeordnet. Charakteristisch für M. Waldenström sind eine lymphoplasmozytäre Infiltration des Knochenmarks sowie ein monoklonales Immunglobulin M (IgM). Ursprung der pathologischen Zellpopulation sind vermutlich B-Zellen, die noch keinen Isotypwechsel jedoch bereits die Reaktion im Keimzentrum durchlaufen haben.
Morbus Waldenström WHO-Klassifikation 2017
(Swerdlow et al. 2017)
Reife B-Zell Neoplasie
Lymphoplasmozytisches Lymphom (LPL)
- Morbus Waldenström
M. Waldenström kann aus IgM-MGUS entstehen
Die Labordiagnose IgM-MGUS (monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz) entwickelt sich mit einer Progressionsrate von 1,5-2% pro Jahr zu einem M. Waldenström (Kyle et al. 2003). Die IgM-MGUS ist definiert durch eine monoklonale IgM-Konzentration im Serum von unter 30 g/l sowie weniger als 10% Plasmazellen im Knochenmark.
Fakten
- >90%>90%der Patienten hat eine MYD88-Mutation (Treon et al. 2012)
Diagnostik
In der Diagnostik der verschiedenen Lymphomentitäten ist die Zytomorphologie und Histologie für die Steuerung der nachgeordneten Diagnostik richtungsweisend. Zum einen ermöglicht die Beurteilung des Blut- und Knochenmarkausstrichs eine erste wegweisende Aussage, ob eine Lymphomauschwemmung besteht oder möglich ist. Auch für die Beurteilung des Reifegrads der Lymphome sind Zytomorphologie und Histologie nützlich.
6q-Deletion charakteristisch für M. Waldenström
Die häufigste chromosomale Veränderung beim M. Waldenström stellt eine Deletion im langen Arm von Chromosom 6 (6q-Deletion) dar. Diese Aberration tritt etwa bei der Hälfte aller Patienten auf. Jedoch ist die 6q-Deletion nicht spezifisch für den M. Waldenström, sondern findet sich auch häufig bei anderen reifen B-Zellneoplasien wie beispielsweise der CLL oder dem Marginalzonenlymphom (MZL). Ein Zugewinn des kurzen Arms von Chromosom 6 (6p-Zugewinn) findet sich als zweithäufigste chromosomale Aberration, jedoch ausschließlich in Kombination mit einer 6q-Deletion. Charakteristisch für den M. Waldenström scheinen ganze bzw. partielle Zugewinne von Chromosom 4 sowie ein Zugewinn des langen Arms von Chromosom 8 zu sein. Außerdem treten interstitielle Deletionen im langen Arm von Chromosom 13 auf, wobei dieselbe minimal deletierte Region wie bei der CLL betroffen ist. Patienten mit M. Waldenström können Zugewinne der Chromosomen 3 und 18 aufweisen, die auch bei Patienten mit MZL beschrieben sind. Darüber hinaus kommen ATM-Deletionen (11q-Deletionen) vor. Die Deletion des TP53-Gens (17p-Deletion) ist, wie bei anderen reifen B-Zellneoplasien, mit einem eher ungünstigen Verlauf assoziiert. Rearrangements des IGH-Locus treten im Vergleich zu anderen reifen B-Zellneoplasien bei M. Waldenström sehr selten auf (Braggio et al. 2012).
Mutation im MYD88-Gen charakteristisch beim M. Waldenström
Molekulargenetisch ist beim M. Waldenström die L265P-Mutation im MYD88-Gen von Bedeutung. Bei Patienten mit IgM-MGUS wurde die L265P-Mutation im MYD88-Gen in geringerer Frequenz als beim M. Waldenström festgestellt (Treon et al. 2012, Varettoni et al. 2013).
Diese Mutation tritt bei etwa 90% aller lymphoplasmozytischen Lymphome auf (Treon et al. 2012). Darüber hinaus kommt bei etwa 30% der Patienten mit M. Waldenström die S338X-Mutation im CXCR4-Gen vor (Roccaroet et al. 2014, Efebera et al. 2014). Bei anderen reifen B-Zellneoplasien treten diese Mutationen bei weniger als 10% der Patienten auf. ARID1A-Mutationen finden sich bei etwa 17% der Patienten (Treon et al. 2012).
Molekulare Marker beim M. Waldenström:
MYD88 L265P
CXCR4 S338X
ARID1A
Prognose
ISSWM-Scoring System
Das „International scoring system for Waldenström’s macroglobulinemia“ (ISSWM) teilt den M. Waldenström unter Berücksichtigung der prognostischen Parameter Alter, ß2-Mikroglobulin-Spiegel, Zytopenien und Höhe der Gammopathie in drei Risikogruppen ein (siehe Tabelle 1).
Risikofaktoren ISSWM
- Alter ≥ 65 Jahre
- Hb ≤ 11,5 g/dl
- Thrombozyten ≤ 100.000 / μl
- ß2-Mikroglobulin > 3mg/l
- IgM > 70g/l
Tabelle 1: ISSWM Risikoscore (Morel et al. 2009, Onkopedia Leitlinie M. Waldenström 2017)
Anzahl Risikofaktoren | Rezidivrisiko | 5-Jahresüberlebensrate |
---|---|---|
0-1 (außer Alter) | niedrig | 87% |
2 oder Alter ≥ 65 Jahre | intermediär | 68% |
≥ 3 | hoch | 36% |
Es ist zu berücksichtigen, dass diese Daten vor der Einführung der kombinierten Immunchemotherapie mit Rituximab erhoben wurden und auch die o.g. Genmutationen nicht berücksichtigen.
MYD88- und CXCR4-Mutationen prognostisch relevant
Das Vorliegen einer Mutation im MYD88-Gen ist mit einem verringerten Progressionsrisiko assoziiert (Varettoni et al. 2013). Die Mutation im CXCR4-Gen scheint zu einer Progression beizutragen, mit einem kürzeren Überleben assoziiert zu sein und tritt häufiger bei Patienten mit extramedullärer Manifestation auf. Die günstigste Prognose zeigt die Konstellation MYD88 mutiert und CXCR4 Wildtyp. Dieses hat auch therapeutische Konsequenzen (Roccaro et al. 2014).
Referenzen
Die zugehörigen Referenzen finden Sie hier:
https://www.mll.com/erkrankungendiagnostik/reife-b-zellneoplasien/morbus-waldenstroem.html#referenzen