Stand: Oktober 2018
Mantelzell-Lymphome (MCL) machen etwa 3-10% aller reifen B-Zellneoplasien aus. Das mittlere Alter bei Diagnose beträgt etwa 60 Jahre. Männer erkranken mehr als doppelt so häufig wie Frauen. Als klinischer Risiko-Score ist der MIPI (MCL International Prognostic Index) etabliert. Hier gehen als Parameter der Allgemeinzustand und das Alter des Patienten sowie LDH- und Leukozytenwerte ein.
Klassifikation
Beim Mantelzell-Lymphom (MCL) handelt es sich klassischer Weise um eine aggressive, nicht kurativ behandelbare B-Zell Neoplasie, die sich linear aus naiven B-Zellen entwickelt. Jedoch werden auch indolente Varianten wie leukämische nicht-nodale MCL und in situ Mantelzell-Neoplasien (ISMCN) anerkannt. Gemäß der neuen WHO-Klassifikation 2017 (Swerdlow et al. 2017) wird das Mantel-Zelllymphom (MCL) entsprechend klinisch-pathologischer Eigenschaften und zugrundeliegender pathogener Signalwege in zwei Subtypen unterteilt:
- MCL mit unmutiertem/minimal mutiertem IGHV und SOX11-positiv
- MCL mit mutiertem IGHV und SOX11- negativ
Diagnostik
In der Diagnostik der verschiedenen Lymphomentitäten ist die Zytomorphologie und Histologie für die Steuerung der nachgeordneten Diagnostik richtungsweisend. Zum einen ermöglicht die Beurteilung des Blut- und Knochenmarkausstrichs eine erste wegweisende Aussage, ob eine Lymphomausschwemmung besteht oder möglich ist. Auch für die Beurteilung des Reifegrads der Lymphome sind Zytomorphologie und Histologie nützlich.
Die Immunphänotypisierung erlaubt bei Lymphomen eine eindeutige Festlegung der Linienzugehörigkeit zur T- oder B-Linie. Ferner ist die multiparametrische Durchflusszytometrie oftmals zur Abgrenzung einer reaktiven Veränderung von einer lymphatischen Neoplasie unverzichtbar, z.B. bei EBV-Infektionen.
Mantelzelllymphome exprimieren CD5 und sind meist negativ für CD23 im Unterschied zur B-CLL. Tabelle 1 zeigt charakteristische Befunde beim MCL.
Tabelle 1: Immunphänotypisierung beim MCL
Antigen | Befund |
---|---|
CD19 | + |
CD20 | + |
CD22 | + |
CD23 | +/- |
CD25 | - |
FMC7 | + |
CD79a | + |
CD5 | + |
sig | + |
CD10 | +/- |
CD11c | - |
CD103 | - |
Charakteristische Translokation t(11;14)(q13;q32) ist charakteristisch beim MCL
Charakteristisch beim Mantelzell-Lymphom ist die Translokation t(11;14)(q13;q32), die zu einem IGH-Cyclin D1 (CCND1)-Rearrangement führt. Statt einem IGH-CCND1-Rearrangement kommen auch Varianten vor, bei denen die leichten Ketten der Immunglobuline IGK oder IGL in ein Rearrangement mit CCND1 involviert sind. Darüber hinaus treten sehr selten Rearrangements unter Involvierung von CCND2 (12p13) bzw. CCND3 (6p21) auf. Meist finden sich noch weitere, zum Teil komplexe zytogenetische Aberrationen (siehe Aufzählung unterhalb).
Zusätzliche zytogenetische Aberrationen bei MCL
Balancierte Translokationen:
t(11;14)(q13;q32)/IGH-CCND1
seltener: t(8;14)(q24;q32)/IGH-MYC, 3q27/BCL6-Rearrangements
Zugewinne:
3q, 7p, 8q, 11q, Trisomie 12, 13q, 15q, 18q, tetraploider Chromosomensatz
Verluste:
1p, 6q, 8p, 9p, 11q, 13q, 17p, Y
CyclinD1- (CCND1-) Überexpression charakteristisch für MCL
Auf molekularer Ebene lässt sich das Mantelzell-Lymphom am besten durch Messung der CyclinD1(CCND1) -Überexpression bestätigen. Darüber hinaus ist ein Nachweis des IGH-CCND1-Rearrangements (auch IGH-BCL1-Rearrangement) möglich. Allerdings können aufgrund der Heterogenität der Bruchpunkte nur ca. 40 % aller IGH-CCND1-Rearrangements mittels PCR nachgewiesen werden. Als zusätzlicher Marker, insbesondere für CCND1-negative Mantelzell-Lymphome, kann die SOX11-Expression bestimmt werden. Die prognostische Relevanz der SOX11-Überexpression wird derzeit kontrovers diskutiert. Bei einigen Patienten liegen weitere klinisch relevante Mutationen in den Genen ATM, TP53 oder NOTCH1/2 vor. ATM (40-75%) und CCND1 (35%) stellen die am häufigsten betroffenen Genloci dar (Beà S et al 2013). Bei 18 % der Patienten mit Mantelzell-Lymphom wird zudem eine Mutation im Exon 58 des UBR5-Gens nachgewiesen. Mutationen wie diese in NOTCH1/2 sind vor allem von prognostischer und potentieller therapeutischer Bedeutung.
Molekulare Marker beim MCL:
- IGH-CCND1
- SOX11
- UBR5
- TP53
- ATM
- NOTCH1/2
- CCND1-Überexpression
Prognose
Patienten mit einer TP53-Deletion (17p-Deletion) bzw. einer CDKN2A-Deletion (9p-Deletion) haben unabhängig vom Proliferationsmarker Ki-67 und dem Risiko-Score MIPI eine ungünstigere Prognose.
Beim Auftreten von beiden Deletionen ergibt sich ein additiver prognostisch ungünstiger Effekt. Die Prognose von Patienten mit heterozygoter CDKN2A-Deletion unterscheidet sich nicht von Patienten mit homozygoter CDKN2A-Deletion.
Therapie
Laut der aktuellen Onkopedia-Leitlinie zum Mantelzell-Lymphom sollten Patienten mit indolenten Lymphomen wenn immer möglich im Rahmen von klinischen Studien behandelt werden.
Empfehlung
Gemäß der aktuellen Onkopedia-Leitlinie zum Mantelzell-Lymphom wird neben der Erhebung klinischer und laborchemischer Parameter aus peripherem Blut (Zellzählung, Differenzialblutbild, Retikulozyten BSG, Elektrophorese, Gesamteiweiß, GOT, GPT, AP, γ-GT, Bilirubin, Kreatinin, Harnsäure, Blutzucker, LDH, β²-Mikroglobulin, Quick-Wert, PTT) eine zytologische und histologische Untersuchung des Knochenmarks, bei leukämischem Verlauf auch eine FACS-Analyse der Oberflächenmarker aus peripherem Blut empfohlen.
Referenzen
Die zugehörigen Referenzen finden Sie hier:
https://www.mll.com/erkrankungendiagnostik/reife-b-zellneoplasien/mantelzell-lymphom-mcl.html#referenzen