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Follikuläres Lymphom - Definition und Merkmale
Das follikuläre Lymphom (FL) zählt zu den häufigsten indolenten Non-Hodgkin-Lymphomen in Westeuropa und den USA. Das mittlere Erkrankungsalter bei Erstdiagnose liegt zwischen 60 und 65 Jahren, wobei Frauen etwas häufiger betroffen sind als Männer. Das FL entsteht aus den B-Zellen des Follikelzentrums (Zentroblasten).
Follikuläres Lymphom - Klassifikation
Das Follikuläre Lymphom zählt laut WHO-Klassifikation 2017 zu den reifen B-Zellneoplasien. Aktuell werden zusätzlich zum klassischen Follikulären Lymphom vier variante Formen des Follikulären Lymphoms unterschieden (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Follikuläres Lymphom WHO-Klassifikation 2017 (Swerdlow et al., 2017)
Variante Formen des Follikulären Lymphoms |
|
---|---|
In situ Follikuläres Lymphom | Infiltration einzelner Keimzentren mit IGH-BCL2t(14;18)-positiven Zellen; geringes Progressionspotential |
Primär intestinales Follikuläres Lymphom | IGH/BCL2/t(14;18) positiv, meist auf Darmmukosa beschränkt, geringes Progressionsrisiko |
Testikuläres Follikuläres Lymphom | Keine BCL2-Translokation |
Diffuse Variante des Follikulären Lymphoms | Keine IGH-BCL2/t(14;18) Translokation, ähnliches Expressionsprofil wie typisches FL |
Die Stadieneinteilung des Follikulären Lymphoms erfolgt nach der Ann Arbor-Klassifikation und wird anhand des Zentroblastenanteils in die Grade 1, 2, 3A und 3B und 4 unterteilt (siehe Tabelle 2). Die Grade 1-3A zählen zu den indolenten Lymphomen, wohingegen der Grad 3B den aggressiven Lymphomen zugeordnet wird. Nur ein Drittel der Patienten weisen zur Zeit der Erstdiagnose ein Grad 1 oder 2 FL auf.
Tabelle 2: Stadieneinteilung des Follikulären Lymphoms nach der Ann-Arbor-Klassifikation (Onkopedia-Leitlinie FL 2017)
Stadium | Kriterien |
---|---|
I | Befall einer einzigen Lymphknotenregion (I/N) oder Vorliegen eines einzigen oder lokalisierten extranodalen Herdes (I/E) |
II | Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells (II/N) oder Vorliegen eines extranodalen Herdes (II/E) und Befall einer oder mehrerer Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells (II/N/E) |
III | Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells (III/N) oder Befall von lokalisierten extranodalen Herden und Lymphknotenbefall, so dass ein Befall auf beiden Seiten des Zwerchfells vorliegt (III/E oder III/N/E) |
III1 | subphrenische Lokalisation, beschränkt auf Milz, zöliakale und/oder portale Lymphknoten allein oder gemeinsam |
III2 | subphrenische Lokalisation mit Beteiligung paraaortaler, mesenterialer, iliakaler und/oder inguinaler Lymphknoten |
IV | disseminierter Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne Befall von Lymphknoten |
Die Stadien erhalten den Zusatz „A” bei Fehlen, „B” bei Vorliegen von
|
Diagnostik bei Follikulärem Lymphom
In der Diagnostik der verschiedenen Lymphomentitäten ist die Zytomorphologie und Histologie von Blut, Knochenmark und Lymphknoten für die Steuerung der nachgeordneten Diagnostik richtungsweisend. Zum einen ermöglicht die Beurteilung des Knochenmarkausstrichs eine erste wegweisende Aussage, ob eine Lymphomauschwemmung besteht oder möglich ist. Auch für die Beurteilung des Reifegrads der Lymphome sind Zytomorphologie und Histologie nützlich.
Die Immunphänotypisierung erlaubt bei Lymphomen eine eindeutige Festlegung der Linienzugehörigkeit zur T- oder B-Linie. Ferner ist die multiparametrische Durchflusszytometrie oftmals zur Abgrenzung einer reaktiven Veränderung von einer lymphatischen Neoplasie unverzichtbar, z.B. bei EBV-Infektionen.
Follikuläre Lymphome weisen eine starke Oberflächenexpression von Immunglobulinen auf und exprimieren meist das Antigen CD10, wohingegen CD5 nicht exprimiert wird.
Tabelle 3: Charakteristische Befunde bei Follikulärem Lymphom
Antigen | Befund |
---|---|
CD19 | + |
CD20 | + |
CD22 | + |
CD23 | +/- |
CD25 | - |
FMC7 | + |
CD79a | + |
CD5 | - |
slg+ | + |
CD10 | +/- |
CD11c | - |
CD103 | - |
Translokation t(14;18)(q32;q21) ist charakteristisch beim Follikulären Lymphom
Die häufigste zytogenetische Veränderung beim Follikulärem Lymphom stellt die balancierte Translokation t(14;18)(q32;q21) dar. Diese Aberration tritt bei ca. 90% der Patienten mit Grad I und II FL auf und geht einher mit einem Rearrangement zwischen dem Immunglobulin-Schwerketten-Locus IGH und dem BCL2-Gen, was zu einer Überexpression von BCL2 und somit zur Hemmung des programmierten Zelltods führt (Horsman et al., 1995; Rowley et al., 1988). Variante BCL2 Translokationen, die ein Rearrangement mit den Immunglobulin-Leichtketten-Loci eingehen, treten eher selten auf. Ebenso lassen sich BCL2 Rearrangements bei Grad 3B Follikuläres Lymphom seltener beobachten (Ott et al., 2002). BCL2 Translokationen stellen eine charakteristische genetische Veränderung dar, sind aber nicht spezifisch für das Follikuläre Lymphom, da sie auch bei anderen reifen B-Zellneoplasien – wenn auch mit geringerer Häufigkeit – vorkommen.
Da das IGH-BCL2-Rearrangement mittels nested- PCR oder RT-PCR auch im peripheren Blut oder in reaktiven Lymphknoten von gesunden Individuen nachgewiesen werden konnte (Roulland et al., 2003; Schmitt et al., 2006; Summers et al., 2001), scheint diese genetische Veränderung nicht allein für die Entwicklung eines Follikulären Lymphoms verantwortlich zu sein.
Zytogenetische Aberrationen beim Follikulären Lymphom
Balancierte Translokationen:
t(14;18)(q32;q21)/IGH-BCL2
selten t(8;14)(q24;q32)/IGH-MYC bzw. andere 8q24/MYC-Rearrangements
3q27/BCL6-Rearrangements
Zugewinne:
1(q), 6p, 7, 8, 12(q), 17, 18/18q, 21, X
Verluste:
1p, 6q, 7q, 9p, 10q, 13q, 17p
Die meisten Patienten mit Follikulärem Lymphom haben zusätzliche Aberrationen
Bei ca. 90% der Patienten mit Follikulärem Lymphom treten zusätzliche genetische Aberrationen auf. Bei 5-15% der Fälle werden Aberrationen des langen Arms von Chromosom 3 (3q27) und/oder BCL6-Rearrangements bei Grad 3B FL beobachtet (Katzenberger et al., 2004; Ott et al., 2002). Außerdem kann es zu weiteren unbalancierten Ereignissen kommen. Häufig kommt es zum Verlust von 1p, 6q, 7q, 9p, 10q, 13q und 17p und/oder zu Zugewinnen von Chromosom 1(q), 6p, 7, 8, 12q, 18/18q, 21 oder zu einem zusätzlichem X-Chromosom (Mamessier et al., 2014; Höglund et al., 2004; Offit et al., 1993; Tilly et al., 1994).
Zusatzaberrationen sind mit ungünstiger Prognose assoziiert
In seltenen Fällen tritt neben der t(14;18) die Translokation t(8;14)(q24;q32)/IGH-MYC auf, was mit einer ungünstigen Prognose einhergeht. Ein komplexer Karyotyp, Deletionen im langen Arm von Chromosom 6 (6q23-26), 17p-Deletionen, Mutationen im TP53-Gen, Verluste des kurzen Arms von Chromosom 1, Trisomie 12, Zugewinne des kurzen Arms von Chromosom 18 und des X- Chromosoms sind ebenfalls mit einer ungünstigeren Prognose und einer kurzen Transformationszeit in ein diffus großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL) assoziiert (Levine et al., 1998; Tilly et al., 1994). Bei 30-40% der Patienten mit Follikulärem Lymphom kommt es zur Progression und Transformation in high-grade Lymphome wie dem DLBCL oder dem hochmalignen B-Zelllymphom mit MYC- und BCL2- und/oder BCL6-Rearrangement (HGBL). Bei einer solchen Transformation sind meistens zusätzliche genetische Aberrationen, insbesondere BCL2 und MYC Rearrangements, involviert (Fiedler et al., 1991; Lee et al., 1989). Mutationsanalysen zeigen außerdem, dass bei transformierten Follikulären Lymphomen vermehrt Mutationen in den Genen KMT2D (MLL2), CREBBP, EZH2, BCL2 und MEF2B vorkommen (Bouska et al., 2017).
Die Fluoresenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) stellt bei nachweisbaren Lymphomzellen im Blut oder Knochenmark eine informative Untersuchung zum Nachweis einer t(14;18) im Rahmen der Diagnostik des Follikulären Lymphoms dar. Gerade auch bei unklarem Befund kann eine Differenzierung zu anderen indolenten Lymphomen erfolgen.
BCL2-Rearrangement ist charakteristisch für Follikuläres Lymphom
In 80-90% der Fälle kann bei Patienten mit Follikulärem Lymphom ein BCL2-Rearrangenemt (IGH-BCL2) nachgewiesen werden. Durch die Translokation t(14;18)(q32;q21) kommt es zu einem BCL2-Rearrangement in 18q in den Bereich des Immunglobulinschwerkettenlocus 14q32. Da dieses Rearrangement allerdings auch bei 20% aller großzelligen B-Zelllymphome auftritt, ist es nicht ganz spezifisch für das Follikuläre Lymphom. Unabhängig vom Bruchpunkt führt das BCL2-Rearrangement zu einer Überexpression des BCL2-Gens, das unter die Kontrolle des Promotors des Immunglobulinschwereketten-Gens gelangt. In den meisten Fällen ist das Rearrangement mittels PCR nachweisbar, die ergänzend zur FISH-Analyse durchgeführt werden kann.
Darüber hinaus kommt bei einer Transformation des Follikulären Lymphoms in ein high-grade Lymphom wie dem DLBCL vermehrt zu Mutationen in den Genen KMT2D (MLL2), CREBBP,EZH2, BCL2 und MEF2B.
Tabelle 4: Häufigkeit der Mutationen beim Follikulärem Lymphom zum Zeitpunkt der Diagnose (Swerdlow et al. 2017)
Gen | Häufigkeit | Art der Veränderung |
---|---|---|
BCL2 | 85-90% | Translokation, Mutation |
KMT2D (MLL2) | 85% | Mutation |
TNFRSF14 | 45-65% | Deletion, Mutation |
EZH2 | 60% | Mutation (Y641) |
EPHA7 | 70% | Mutation |
CREBBP | 33% | Deletion, Mutation |
BCL6 | 45% | Translokation, Mutation |
MEF2B | 15% | Mutation |
EP300 | 10% | Deletion, Mutation |
TNFAIP3 (A20) | 20% | Deletion, Mutation |
FAS | 5% | Mutation |
TP53 | <5% | Deletion, Mutation |
MYC | <5% | Translokation, Zugewinn |
Prognose beim Follikulären Lymphom
Internationaler Prognostik Index (FLIPI) dient der Risikoklassifikation beim Follikulären Lymphom
Zur Risikoeinschätzung des Follikulären Lymphoms wird der International Prognostic Index (FLIPI) verwendet. Dieser klinische Risikoscore berücksichtigt folgende Parameter:
Risikofaktoren der Follikulären Lymphome:
- Alter >60 Jahre
- <4 befallene Lymphknotenregionen
- LDH –Erhöhung
- Ann-Arbor Stadium III oder IV
- Hämoglobin <12 g/dl
Tabelle 5: Follikuläres Lymphom - FLIPI-Risikoscore (Onkopedia-Leitlinie FL 2017)
Anzahl Risikofaktoren | Rezidivrisiko | 10-Jahreüberlebensrate (%) |
---|---|---|
0-1 | niedrig | 62-71 |
2 | intermediär | 48-51 |
3-5 | hoch | 34-36 |
Follikuläres Lymphom: Prognoseberechnung
Hier gelangen Sie zur Prognoseberechnung des FLIPI-Scores und des m7-FLIPI-Scores.
Follikuläres Lymphom - Empfehlung
Wichtige Hinweise zum Untersuchungsmaterial
Die Diagnose eines Follikulären Lymphoms sollte möglichst auf Basis einer operativen Lymphknotenexstirpation sowie vorab bzw. parallel auch aus peripheren Blut und Knochenmark angestrebt werden. Zum ersten Screening bei nicht zugängigen, z. B. retroperitonealen Lymphknoten kann alternativ eine Lymphknotenbiopsie vorgenommen werden. Eine reine Feinnadelaspiration (Zytologie) ist aufgrund möglicher fokaler Heterogenität des Lymphom-Gewebes und der eventuellen Notwendigkeit weiterer immunologischer und molekulargenetischer Untersuchungen nicht ausreichend.
Bei Nachweis von Lymphomzellen im peripheren Blut kann die Diagnostik zunächst mit großer Sicherheit ohne eine Knochenmarkbiopsie oder eine Lymphknoten-Entnahme durchgeführt werden. Stehen vergrößerte Lymphknoten klinisch im Vordergrund, sollte eine Lymphknoten entnommen und histologisch sowie immunhistologisch aufgearbeitet werden. Von diesen Befunden ausgehend ist dann im Einzelfall und bei klinischer Relevanz eine erweiterte Materialentnahme z.B. von Knochenmark sinnvoll.
Referenzen
Die zugehörigen Referenzen finden Sie hier:
https://www.mll.com/erkrankungendiagnostik/reife-b-zellneoplasien/follikulaeres-lymphom-fl.html#referenzen