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Myeloische/lymphatische Neoplasien mit Eosinophilie und Rearrangements unter Beteiligung der Tyrosinkinasen PDGFRA, PDGFRB, FGFR1 oder Vorliegen einer PCM1-JAK2-Fusion sind seltene spezifische Erkrankungen. Die klinische und hämatologische Manifestation wird durch das am Rearrangement beteiligte Partnergen beeinflusst. Eine Eosinophilie ist charakteristisch, aber nicht zwingend vorhanden.
Klassifikation der Eosinophilie aufgrund von Rearrangement
Die Neoplasien mit Eosinophilie und PDGFRA- (4q12), PDGFRB- (5q31-33), FGFR1- (8p11) oder PCM1-JAK2-Rearrangement werden in der WHO-Klassifikation 2017 als eigene Entität zusammengefasst, wobei das PCM1-JAK2-Rearrangement t(8;9)(p22;p24.1) zu einer neuen provisorischen Entität gezählt wird.
Allen gemeinsam ist die konstitutive Aktivierung einer Tyrosinkinase bei stark heterogenem klinischen Erscheinungsbild. Während bei PDGFRA-, PDGFRB-, FGFR1-Rearrangements eine Rezeptortyrosinkinase aktiviert wird, kommt es bei dem PCM1-JAK2-Rearrangement zur konstitutiven Aktivierung der Januskinase 2 (JAK2), einer Nicht-Rezeptortyrosinkinase. Andere Rearrangements mit JAK2 (z.B. ETV6-JAK2 und BCR-JAK2) sind aktuell nicht als distinkte Entität nach WHO eingeschlossen.
WHO-Klassifikation 2017
(Swerdlow et al. 2017)
Myeloische/lymphatische Neoplasien mit Eosinophilie und PDGFRA-, PDGFRB-, FGFR1- oder PCM1-JAK2-Rearrangement
- Myeloische/lymphatische Neoplasie mit PDGFRA-Rearrangement
- Myeloische/lymphatische Neoplasie mit von PDGFRB-Rearrangement
- Myeloische/lymphatische Neoplasie mit von FGFR1-Rearrangement
- Provisorische Entität: Myeloische/lymphatische Neoplasie mitPCM1-JAK2
Diagnostik
Häufig: PDGFRA- und PDGFRB-Rearrangements
Als häufigstes PDGFRA-Rearrangement wird das FIP1L1-PDGFRA-Rearrangement beobachtet, welches durch eine submikroskopische Deletion im langen Arm des Chromosoms 4, del(4)(q12q12), entsteht. Diese Veränderung ist in der Chromosomenbanden-Analyse nicht sichtbar. Die Deletion des Gens CHIC2 kann jedoch mittels FISH und das resultierende FIP1L1-PDGFRA-Rearrangement mittels PCR nachgewiesen werden (Gotlib et al. 2004). Selten treten PDGFRA-Rearrangements mit einem anderen Partnergen auf.
Für PDGFRB sind mehrere Fusionspartner in der Literatur beschrieben. Als häufigste Translokation tritt die t(5;12)(q33;p13) auf, bei der das Onkogen ETV6 mit PDGFRB fusioniert (Cross, Reiter 2002). ETV6-PDGFRB-Rearrangements können mittels FISH und RT-PCR nachgewiesen werden. Ein Screening auf seltene PDGRB-Rearrangements ist mittels FISH möglich, wobei für die genaue Bestimmung des Partners meistens die Chromosomenbanden-Analyse benötigt wird. RNA-Sequenzierung steht seit kurzem zur Suche der Partnergene auch zu Verfügung.
Sowohl PDGFRA als auch PDGFRB werden durch Rearrangements mit Partnergenen in der Expression hochreguliert. Deshalb kann die quantitative PDGFRA- bzw. PDGFRB-Expressionsanalyse auch als ein Screeningverfahren auf mögliche PDGFR-Rearrangements eingesetzt werden. Eine erhöhte Expression eines der beiden Gene kann als Indiz für ein Rearrangement gewertet werden, sollte aber mittels einer zytogenetischen Folgeuntersuchung verifiziert werden.
Tabelle 1: Übersicht molekulargenetischer Veränderungen bei myeloischen und lymphatischen Neoplasien mit Eosinophilie (Swerdlow et al. WHO 2017)
Erkrankung | Präsentation | Genetik | Behandlung |
---|---|---|---|
PDGFRA | Eosinophilie | Kryptische 4q12-Deletion | Ansprechen auf TKI |
PDGFRB | Eosinophilie | t(5;12)(q33;p13) ETV6-PDGFRB, mind. 25 weitere Fusionspartner | Ansprechen auf TKI |
FGFR1 | Eosinophilie
| 8p11-Translokation
| schlechte Prognose;
|
PCM1-JAK2 | Eosinophilie | t(8;9)(p22;p24.1) PCM1-JAK2 | möglicherweise Ansprechen auf JAK2-Inhibitoren |
Selten: PCM1-JAK2-Rearrangements
Myeloische und lymphatische Neoplasien mit Eosinophilie und PCM1-JAK2-Rearrangement treten eher selten auf. Aufgrund der Analogie zu PDGFRA-, PDGFRB- und FGFR1-Rearrangements hinsichtlich ihrer hohen Transformationsrate zu akuten Leukämien und nicht zuletzt ihrer Therapiemöglichkeiten durch Tyrosinkinase-Inhibitoren werden Neoplasien mit PCM1-JAK2-, PDGFRA-, PDGFRB- und FGFR1-Rearrangements in der WHO Klassifikation zu einer Entität zusammengefasst. Daher sollte auch bei Patienten, die ein Rearrangement aufweisen, das zu einer Aktivierung anderer Tyrosinkinasen führt (z.B. ABL1, JAK2), geprüft werden, ob eine mögliche Behandlung mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor in Erwägung gezogen werden kann. Bei Patienten mit Chronischer Eosinophilen-Leukämie (CEL) und PCM1-JAK2 Rearrangement konnte bereits ein Ansprechen auf eine Behandlung mit Ruxolitinib erzielt werden (Rumi et al. 2015; Reiter et al. 2005; Lierman et al. 2012, Rumi et al. 2013; Patterer et al. 2013).
FGFR1-Rearrangement (8p11-Syndrom)
FGFR1-Rearrangements resultieren aus einer Fusion des FGFR1-Gens (in der Chromosomenbande 8p11, daher auch die Bezeichnung „8p11-Syndrom“) mit einer Vielzahl von Fusionspartnern. Das 8p11-Syndrom zeichnet sich klinisch durch Eosinophilie und eine Assoziation mit T-lymphoblastischen Lymphomen sowie eine hohe Transformationsrate zu akuten Leukämien aus. Zytogenetisch findet sich meist eine Translokation t(8;13)(p11;q12), welche auf molekularer Ebene zu einem ZNF198-FGFR1-Rearrangement führt (Cross, Reiter 2002). Diese Erkrankungen zeigen kein Ansprechen auf Tyrosinkinase-Inhibitoren der 1. und 2. Generation, jedoch weisen in vitro Daten auf eine Hemmung der chimären FGFR1-Fusionskinasen durch Ponatinib hin (Ren et al. 2013). Bei einem Patienten mit einer BCR-FGFR1-positiven MPAL (Mixed-Phenotype Acute Leukemia) konnte ein Ansprechen auf eine Kombinationstherapie aus Chemotherapie und nachfolgender Verabreichung von Ponatinib erzielt werden (Khodadoust et al. 2016).
Prognose bei Eosinophilie aufgrund von Rearrangement
Gutes Therapieansprechen bei Eosinophilie mit PDGFRA- und PDGFRB-Rearrangements
Unabhängig vom Partnergen ist der Nachweis von PDGFRA-Rearrangements aus therapeutischer Sicht von großer Bedeutung, da diese meist ein gutes Ansprechen auf eine Behandlung mit Tyrosinkinase-Inhibitoren zeigen (Cools et al. 2003). Ein ebenfalls gutes therapeutisches Ansprechen auf Tyrosinkinase-Inhibitoren und langzeitige Remissionen konnten bei Patienten mit PDGFRB-Rearrangements beobachtet werden (Cheah et al. 2014).
Hohe Transformationsrate zur AML bei PCM1-JAK2-Rearrangement und 8p11-Syndrom
Myeloische und lymphatische Neoplasien mit Eosinophilie und PCM1-JAK2-Rearrangement bzw. FGFR1-Rearrangement (8p11-Syndrom) weisen eine hohe Transformationsrate zu akuten Leukämien auf.
Empfehlung
Bei klinischem und zytomorphologischen Verdacht auf Myeloische/lymphatische Neoplasien mit Eosinophilie und PDGFRA-, PDGRB-, FGFR1- oder PCM1-JAK2-Rearrangement sollte zur Diagnose sowohl für die Klassifikation nach WHO als auch wegen der immensen therapeutischen Konsequenzen ein umfassendes Screening mittels Zytogenetik und Molekulargenetik durchgeführt werden.
Referenzen
Die zugehörigen Referenzen finden Sie hier:
https://www.mll.com/erkrankungendiagnostik/hypereosinophilie-und-mastozytose/pdgfra-pdgfrb-fgfr1-rearrangements.html#referenzen