Fortschritte in der gezielten Therapie von Lymphomen

Die Therapielandschaft von Lymphomerkrankungen hat sich in den letzten Jahren durch den Fortschritt im Verständnis der Pathogenese erheblich verändert. Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, die Chemotherapien zu reduzieren und neuartige zielgerichtete Therapien alleine oder in Kombination einsetzen zu können. In diesem Artikel berichten wir insbesondere über die BCL2-Inhibition und deren Resistenzmechanismen, wie auch die Bedeutung der MYD88-Mutation und der CXCR4-Mutation beim Morbus Waldenström.

Mit dem BTK-Inhibitor Ibrutinib, dem BCL2-Inhibitor Venetoclax und dem PI3Kdelta-Inhibitor Idelalisib stehen Patienten mit Lymphomerkrankungen drei zielgerichtete Arzneimittel zur Verfügung. Insbesondere die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist ein Vorreiter beim Einsatz dieser Therapien. Hier wurden neue Angriffspunkte für Lymphomtherapien entdeckt und auf weitere Entitäten übertragen. Insbesondere bei Progress, Refraktarität oder einem Frührezidiv zeigten mehrere Studien den signifikanten Vorteil der zielgerichteten Therapien in Kombination mit einem CD20-Antikörper, als Dreifachkombination mit Chemotherapien oder als Monotherapie (RESONATE-1-, HELIOS-, Murano-Studie), gegenüber konventionellen Salvage-Therapien. Patienten mit Nachweis einer del(17)(p13) bzw. einer TP53-Mutation profitieren nahezu im selben Maße wie Patienten ohne diesen Risikofaktor. Dasselbe gilt für Patienten mit unmutiertem IGHV-Status oder Nachweis eines komplexen Karyotyps. Insbesondere solche Subgruppenanalysen zeigen die Relevanz genetischer Untersuchungen bereits bei Erstdiagnose. Aufgrund dieser Ergebnisse wird bei der CLL-Erstlinientherapie die konventionelle Immunchemotherapie nur noch bei Patienten ohne diese Risikofaktoren berücksichtigt (Onkopedia-Leitlinie CLL 2020). In der Erstlinientherapie ist mit dem Zweitgenerationsinhibitor der Bruton-Tyrosinkinase (BTK) Acalabrutinib im Sommer 2020 von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eine weitere potente orale Therapie zugelassen worden (ELEVATE-TN-Studie). Wie schon von Tyrosinkinasen bekannt, können spezifische Resistenzmutationen (in BTKPLCG2 bzw. BCL2) nach Therapie mit BTK- oder BCL2-Inhibitoren auftreten, deren Vorhandensein die Weiterführung der entsprechenden Therapie wenig sinnvoll erscheinen lässt. Das MLL bietet bei diesen Fragestellungen genetische Untersuchungen wie auch Mutations- und Resistenztestungen zur besseren Beurteilung der Therapiefortführung an.

Eine wichtige Rolle beim lymphoplasmozytischen Lymphom spielt die Mutation MYD88L265P. Sie wird bei 90% der Patienten mit dieser Entität gefunden. Bei gleichzeitigem Vorhandensein einer CXCR4-Mutation zeigt sich ein schlechteres Ansprechen auf BTK-Inhibitoren, weswegen beide Mutationen vor Therapiebeginn bestimmt werden sollten (Treon SP, Tripsas CK, Meid K, et al.: Ibrutinib in previously treated Waldenstrom's macroglobulinemia. N Engl J Med 372:1430-1440, 2015). Des Weiteren werden durch die Kombination beider Mutationen Interleukin-1-Rezeptor-Assoziierte Kinasen (IRAK) und BTKs dazu animiert, onkogene Faktoren in der Entstehung von malignen Lymphomen zu aktivieren.

Zusammenfassend sind in der Therapielandschaft von Lymphomerkrankungen zielgerichtete Medikamente kaum mehr wegzudenken. Der BTK-Inhibitor Ibrutinib ist bereits beim refraktären und rezidivierten Mantelzelllymphom (MCL) und der Pl3Kdelta-Inhibitor Idelalisib beim refraktären follikulären Lymphom zugelassen. So ist zu erwarten, dass in Zukunft zielgerichtete Therapieansätze auch bei weiteren Lymphomentitäten die konventionellen Chemotherapien begleiten oder ganz ablösen werden.

Die Autorin

»Sie haben Fragen zum Artikel oder wünschen weitere Informationen? Schreiben Sie mir gerne eine E-Mail.«

Dr. med. Adriane Koppelle

Internistin, Hämatologin und Onkologin

T: +49 89 99017-260